Wieder mal gute Nacht im Nachtzug! Heute starte ich mit einem wirklich stark zerlegten Fahrrad (nachdem es bei der Fahrt nach Berlin ja doch nicht so einfach war) in meine Reise und kann es dieses Mal sogar komplett unter den Liegen im Liegewagen verstauen! Super!
Meine Mitfahrerin hatte auch nichts dagegen – so ergab sich dann auch gleich ein Gespräch über 4 Stunden über dies und das – bis es dann Zeit war, schlafen zu gehen und in Belgien aufzuwachen! Natürlich nicht, ohne in Seekirchen mal kurz aus dem Zug zu winken – Hallo Mama, hallo Papa!




Das hier ist übrigens ein Bahnhof. Ja wirklich. BX Nord ist die Bezeichnung. Ein kleiner Schock, wenn man aus dem Gebäude kommt; alles ist laut, überall werden rundherum Häuser zerlegt; während ich mich wärmer angezogen habe, wurden meine Sachen von einem Dreck- Staubnebel bedeckt. Yummy.



Ein bisschen nachlesen ergibt: Die Stadt ist namensgebend für einen Begriff, der das Einreißen von Gebäuden mit geschichtlichem sowie architektonischem Wert, um sie durch moderne Bürogebäude zu ersetzen, beschreibt: Die Brüsselisierung.
300 Architekten aus aller Welt versuchten vor der Expo58 die Stadt Brüssel davon zu überzeugen, dass Gebäude, welche zum Stadtbild beitragen, schützenswert sind und nicht eingerissen werden sollen. Leider ohne Erfolg – das Stadtbild prägen nun eine wilde Kombination aus Wohn- und Büroblocks mit maximalem Fassungsvermögen, alten, schönen Häusern sowie ausgehöhlten Fassaden mit neuen Bauten dahinter.







Geruchstechnisch ist es auch sehr spannend hier – ich weiß nicht genau, ob heute Mülltag ist; jedenfalls wechseln sich hier gerade Fischgeruch von Lokalen, Verwesungsgeruch von auslaufenden Müllsäcken sowie Frites-Geruch mit Waffelgeruch ab. Yuck! Ich schau, dass ich von hier weg komme.

Außerdem bin ich hier sehr, sehr froh, am Rad zu sitzen und schneller als die Fußgänger hier zu sein. Irgendwie sind mir die Leute in diesem Viertel nicht ganz geheuer. Schon am Hauptplatz ist mir aufgefallen, dass es hier eine riesige Kluft zwischen Büroangestellten im Anzug (Führungen durch Brüssel als Arbeitspause) und leider wirklich nicht gut riechenden Menschen mit durchlöcherter Kleidung (fragen nach Essen, Geld, schreien herum) gibt. Dazwischen gibt’s irgendwie nicht viel. Junge Familien, Studenten, alte Leute sind hier deutlich unterrepräsentiert.







Zum Vergleich der Modal Split der sich in Brüssel fortbewegenden Personen:
– 49% Auto (in Wien: 26%)
– 45% Öffis (in Wien: 32%
– 4% Fußgänger (in Wien: 32%)
– 2% Fahrradfahrer (in Wien: 10%) – obwohl hier die Fahrradwege eigentlich sehr gut ausgebaut sind! Aufgefallen ist es mir schon, ich war meistens alleine auf den Radwegen unterwegs. Lediglich ein paar verrückte Scooterfahrer mit Motorradhelm sowie freihändig fahrende Fahrradfahrer haben mich bei 30km/h überholt.
Schon in Wien gibt es ja 2 große Straßen mitten durch die Stadt – aber hier schlagen die 8-spurigen Straßen durch die Innenstadt diesen Rekord nochmals. Muss das sein?

Es sind wenige Menschen unterwegs. Diejenigen, die es sind, sprechen wenig bis gar nicht miteinander, befinden sich in ihrer eigenen Welt, abgekapselt (normal tu ich mir nicht schwer, mit irgendwelchen Leuten zu plaudern, aber ich habe heute kein einziges Gespräch geführt – abgesehen von einer Italienerin im Zug, welche mir in Brüssel nichts empfehlen konnte, was ich mir angesehen soll).

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